— 305 —
f) Schutzgebiet der Marschall-Inseln.
Die Marschall-Inseln (s. §. 195), sämtlich niedrige, schwach bewachsene Korallen-
eilande, tragen eine Vegetation von Kokospalmen, Ölbäumen, Brotfruchtbäumen, Pandanns
und Gras. Die Tierwelt umfaßt nur Ratten und Mäuse, Hühner, wilde Tauben und
einige andere Vogelarten nebst wenigen Insekten. Die Bewohner sind friedliche Polynesien
kühne Seefahrer, deren Nahrung hauptsächlich aus Fischen und Kokosnüssen besteht. Der
von der Jaluit-Gefellschast vermittelte Haudel bewirkt den Austausch europäischer Waren
gegen Kopra. Der Sitz des kaiserlichen Kommissars ist die Insel Jabwor in der Lagune
von Jaluit im 8. der Gruppe.
Politische und wirtschaftliche Geographie.
A. Staatliche Einrichtungen.
Entstehung und Einrichtung des Staates.
G 254. Die natürliche Hilflosigkeit des einzelnen Menschen führt ihn
zur Vereinigung mit seinesgleichen. Die ursprünglichste menschliche Vereinigung
ist die aus Eltern und Kindern bestehende Familie, an deren Spitze der
Familienälteste oder Patriarch steht. — Wenn sich mehrere Familien zum
Schutz gegeu Feiude oder zu gemeinsamem Erwerb zusammenschließen, so bilden
sie eine Horde oder (bei größerer Mitgliederzahl) einen Stamm, an dessen
Spitze gewöhnlich ein besonders reicher oder angesehener Patriarch als Hünpt-
ling steht. In Horden leben z. B. noch die afrikanischen Zwergvölker, die
Wilden Australiens, die Weddas auf Ceylon, die Feuerländer. Horden
führen gewöhnlich ein nomadenhaftes Fischer- oder Jägerleben. — Wenn
mehrere Horden oder Stänime sich vereinigen, seßhaft werden und sich dem
Ackerbau oder der Viehzucht zuwenden, fo bilden sie einen Staat, dessen
Mitglieder anfangs gewöhnlich gleiche Abstammung und Sprache, gleiche
Sitten und denselben Glanben besitzen. Die gemeinsamen Angelegenheiten
eines ansässigen Staates werden ursprünglich durch alle Häuptlinge geordnet. —
Gelangt einer unter ihnen zu hervorragendem Ansehen und zu bedeutender
Macht, so entwickelt sich der Staat zur Monarchie oder Einzelherrschaft, die
je nach der größeren oder geringeren Straffheit des Regiments eine despotische
oder eine patriarchalische Monarchie sein kann. Wenn nach dem Tode des
Monarchen (Alleinherrschers) ein Nachfolger gewählt wird, so ist die Monarchie
eine Wahlmonarchie; folgt ihm ein Sohn oder ein anderer Verwandter,
fo nennt man den Staat eine Erbmonarchie. Gieb einige Titel an,
welche die Monarchen in Europa, iu Asien, in Afrika führen! —
Brust und Berdrow, Lehrbuch der Geographie. 20
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T84: [Vogel Tier Eier Fisch Mensch Hund Nahrung Thiere Insekt Art]]
TM Hauptwörter (200): [T185: [Jagd Viehzucht Bewohner Ackerbau Jäger Fischfang Wald Fischerei Krieg Land], T63: [Kaiser Macht Rom Zeit Volk Jahr Mann Staat Augustus Name], T109: [Europa Asien Afrika Amerika Australien Insel Erdteil Land Zone Klima], T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun]]
— 306 —
Wenn die Herrschaft in einem Staate von einer größeren Anzahl Personen
oder von den Vertretern des gesamten Volkes ausgeübt wird, so nennt man
ihn eine Republik. Die Ausführung der Gesetze wird in der Republik einem
Einzelnen übertragen, der den Titel Präsident führt, gewählt wird und sein
Amt nach einigen Jahren niederlegen muß. In den meisten Staaten ist das
Verhältnis der Bürger zu einander durch Gesetze geregelt. Wenn sich der
Herrscher einer Monarchie an die von ihm erlassenen Gesetze bindet, so ist der
Staat eine absolute Monarchie; stellt er sich über die Gesetze und handelt
nur nach seiner Willkür, so ist der Staat eine despotische Monarchie. —
In manchen Staaten ist den Bürgern ein rechtlicher Einfluß auf die Regierung
und Gesetzgebung gewährt. Da die meisten Staaten jedoch viel zu groß sind,
als daß alle Erwachsenen ihre Meinung persönlich geltend machen könnten, so
üben die Bürger in ihnen ihr Stimmrecht durch gewählte Vertreter (Volks-
Vertreter, Abgeordnete) aus. Die Gesamtheit der Volksvertreter heißt Volks-
Vertretung. — Ein Staat, in dem die Befugnisse (Rechte und Pflichten) der
Obrigkeit, der Volksvertreter und der Unterthanen durch ein besonderes
Grundgesetz (Verfassung, Konstitution) geordnet sind, heißt ein kon-
stitntioneller Staat (konstitutionelle Monarchie und konstitutionelle Re-
publik). — Eine Vereinigung mehrerer Staaten zu eiuem größeren Ganzen
führt den Namen Staatenbund, weuu die Vereinigung eine lose ist und
die einzelnen Staaten fast ihre volle Selbständigkeit behalten haben, Bundes-
staat, wenn die Vereinigung fast unlöslich ist und die Eiuzelstaateu weseut-
liche Rechte aufgegeben haben, Realunion, wenn die Vereinigung unter
voller Wahrung der Einzelrechte zum Schutz ^der gemeinschaftlichen Interessen
unter einem Herrscher geschehen ist, und Personalunion, wenn die Ver-
einignng eine zufällige, nur durch die Person des Herrschers hergestellte ist.
Die Personalunion kann gelöst werden. Ein Staatenbund besteht unter den
gegenwärtigen Staatsgebilden nicht mehr. —
Die vorherrschende Regierungsform ist in Europa die konstitutionelle
Monarchie, in Asien die Despotie, in Afrika und Australien die Kolonial-
regiernng, in Amerika die Republik. — Europa, der Erdteil der Monarchien,
hat 24 souveräne (— von einander unabhängige) Staaten; von diesen sind
siebzehn konstitutionelle Erbmonarchien (2 Kaiserreiche, 11 Königreiche,
1 Großherzogtum und 3 Fürstentümer),
drei absolute Erbmonarchien (2 Kaiserreiche und 1 Fürstentum) und
vier Republiken.
Nenne diese Staaten! Welcher Unterschied besteht zwischen
konstitutionellen und absoluten Erbmonarchien? Welche Einzel-
staaten bilden Unionen in der Form a) eines Bundesstaates, b) einer
Personalunion, c) einer Realunion?
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Asien Afrika Australien Amerika Europa
— 311 —
§ 263* Der Reichstag ist die auf je 5 Jahre gewählte Vertretung
des deutschen Volkes. Auf je 100000 Einwohner sollte ein Abgeordneter
entfallen (allgemeine, geheime, direkte Wahl). Der Reichstag umfaßt aber nur
397 Abgeordnete. Seine Hanptbefugnisse sind:
a) Mitwirkung bei der Gesetzgebung durch Annahme, Ablehnung,
Abänderung der Bundesratsvorlagen und durch eigene Gesetzvorschläge.
d) Feststellung des Reichshaushaltes und Bewilligung neuer Steuern,
c) Recht, über Petitionen zu verhandeln und die Regierung zu iuter-
pellieren.
§ 264. Der Reichsangehörige hat dem Reiche gegenüber folgende
Rechte und Pflichten:
1. Das aktive und pafsive Wahlrecht zum Reichstage (d. h. das Recht,
Reichstagsabgeordnete zu wühlen und in den Reichstag gewühlt zu werden)
2. Das Petitionsrecht an den Reichstag.
3. Das Recht zur Beschwerde, wenn er glaubt, vom Gericht unschuldig
oder zu hart bestraft zu sein (Appellationsrecht).
4. Anspruch aus Schutz im Auslande.
5. Die Pflicht, dem Reiche als Soldat zu dienen.
Die Wehrkraft des deutschen Reiches.
§ 265. Um das leibliche und geistige Wohl seiner Unterthanen fördern
zu können, muß der Staat jederzeit in der Lage sein, Angriffe auf sein Ge-
biet, auf Leben und Gut seiner Unterthanen sowie Eingriffe in seine inneren
Angelegenheiten mit bewaffneter Hand zurückweisen zu können. Zur Ver-
teidignng des Staates gegen äußere Feinde dienen das Heer, die Flotte
und die Festungen.
1. Das deutsche Heer besteht aus 20 Armeecorps (1 Gardecorps,
15 preußische mit Einschluß der Kleinstaaten, 2 bayrische und je ein sächsisches
und ein württembergisches). Die Friedensstärke beträgt etwas über 1/<2 Mil-
lion Mann; sie kann in Kriegszeiten durch Einziehung der Reserve und der
Landwehr auf eine Kriegsstärke von 21/2 bzw. 43/10 Mill. gebracht werden.
2. Die deutsche Kriegsflotte dient in Friedenszeiten zum Schutze des
Handels, der Kolonien und der deutschen Reichsangehörigen im Auslande, im
Kriege zur Verteidigung der deutschen Küsteu. Sie umfaßt ohne die Torpedo-
fahrzeuge 88 Kriegsschiffe, darunter 33 Panzerfahrzeuge, und trägt 20000
Mann Besatzung.
3. Die Festungen dienen dazu, den Feind an den Grenzen aufzuhalten
und seine Streitkräfte zu zersplittern, da er zu ihrer Einschließung und Be-
lagernng große Truppenmassen verwenden muß. Sie sind daher hauptsächlich
in der Nähe der Grenzen angelegt. (S. Festungskarte des deutschen Reiches!)
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T7: [Staat Gesetz Verfassung Recht Reichstag Reich König Regierung Volk Verwaltung], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
302
Iii. Geschichtsbilder.
In München wurden die Thore ge-
schlossen, jedes Geschäft ruhte, jede Lust
verstummte. Es war, als wäre aus
jedenl Hause ein Vater gestorben. Doch
nicht in der Hauptstadt allein, im ganzen
Lande erscholl lautes Wehklagen. Noch
oft hörte man später im Munde des
Volkes die Worte: „Am Todestage
Max Josephs haben die Steine auf den
Gassen geweint!" —
Den Namen „der Gute" oder „der
Vielgeliebte" verdient er mit vollem Rechte.
Max Joseph Iii. war der letzte
Nachkomme Ludwigs des Bayers, und
nach seinem Tode ging die Regierung
Bayerns an die ältere, Nudolfische oder
pfälzische, Linie über, und Bayern und
Pfalz wurden unter Karl Theodor nach
mehr als fünsthalbhundertjähriger Tren-
nung wieder vereinigt. A
139. Die französische Revolution.
Kein Ereigniß der Neuzeit hat auf
die Umgestaltung des politischen und
socialen Lebens, vorab in Deutschland,
einen so tiefgreifenden Einfluß ausgeübt,
als die französische Revolution, weßhalb
man auch von ihr an einen neuen Zeit-
abschnitt in der Völkergeschichte datirt.
Durch die auf jenes erschütternde Er-
eigniß folgenden Kriege wurde Deutsch-
land auf's tiefste und nachhaltigste er-
schüttert; fast ein Vierteljahrhundert hin-
durch war es der Schauplatz blutiger
Kämpfe, nicht nur Fremder gegen Deutsche,
sondern leider, wie zu den Zeiten des
dreißigjährigen Krieges, Deutscher gegen
Deutsche. Unter diesen Kriegen ging
nicht nur der letzte Rest der alten Kaiser-
herrlichkeit zu Grunde, sondern vielfache
und umfassende Gebietsveränderungen
gaben unserem Vaterlande in raschem
Wechsel andere Gestalt und andere Ver-
fassung, brachten es endlich in drückende
Abhängigkeit von Frankreichs allgewal-
tigem Herrscher, aus welcher sich erst
das Volk in der glorreichen Erhebung
der Befreiungskriege losrang. Die neueste
deutsche Geschichte ist an die Geschichte
der französischen Revolution und deren
Folgen geknüpft, und wir sind daher
genöthigt, dieselbe als den Schlüssel der
kommenden Ereignisse in ihren Haupt-
momenten kennen zu lernen.
Auf Frankreich lastete in Folge der
vielen Kriege Ludwigs Xiv., der Ver-
schwendung am Hofe Ludwigs Xv. und
der Theilnahme Ludwigs Xvi. am nord-
amerikanischenfreiheitskampfe einefurcht-
bare Staatsschuld, die um so drückender
sein mußte, als der dritte Stand nahezu i
allein die Steuern zu tragen hatte, in- |
deß die sogenannten privilegirten Stände.
Adel und Clerus, obwohl im Besitz be-
deutenden Grundeigenthums und großer
Renten, nur äußerst mäßige Abgaben
leisteten. Das Uebel wurde noch ver-
schlimmert durch eine heillose Finanz-
verwaltung und besonders durch die un-
zweckmäßige Art der Steuererhebung. Es
bestand nämlich das Pachtsystem, durch
welches einzelne Pächter zum Nachtheil
des Staates und des Volkes sich un-
mäßig bereicherten. Zu den finanziellen
Mißständen trat noch ein tiefer sittlicher
und religiöser Verfall, welcher von dem
leichtfertigen Hofe Ludwigs Xv. ausge-
gangen, und, wie ein unheilbarer Krebs-
schaden um sich fressend, selbst bis in die
unteren Schichten des Volkes eingedrungen
war, so daß die verderblichen Lehren der
sogenannten Aufklärer, welche in glänzen-
der Sprache und mit eben so viel Scharf-
sinn als Witz die bestehenden Mißbräuche
tadelten, Zugleich aber auch jedweden
Glauben an göttliche und menschliche
Autorität untergruben, nur zu williges
Gehör bei der Masse fanden.
Auf dem französischen Throne saß
Ludwig Xvi., ein Mann von großer
Herzensgüte und reinen Sitten, aber
ohne Willenskraft; eben so schwankend
und zögernd in Entschlüssen, als schwach
in Ausführung etwaiger Vorsätze, ein
Herrscher, an dem sich furchtbar das
Schriftwort erfüllte, daß die Sünden der
Väter gerächt würden an den Söhnen
bis in's vierte und fünfte Glied. Der
wahrhaft edle und wohlmeinende König
mußte sehen, wie ein Pfeiler um den
anderen von der seitherigen Staatsord-
nung abgetragen wurde, bis das ganze
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T79: [Ludwig Xiv Frankreich König Ludwigs Xvi Napoleon Xviii Xv. Philipp], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T145: [Bauer Adel Land Stadt Bürger Herr Stand Recht Gut König]]
Extrahierte Personennamen: Max_Josephs Max Max_Joseph_Iii Max Ludwigs Karl_Theodor Karl Ludwigs_Xiv. Ludwigs_Xv. Ludwigs Ludwigs_Xv. Ludwig_Xvi Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Bayers Bayerns Nudolfische Deutschland Frankreichs Frankreich Hofe_Ludwigs Entschlüssen
127. Die neue Zeit
Mit dem 15. Jahrhundert bereitete
sich ein solcher Zusammenfluß von Be-
gebenheiten vor, daß in Folge derselben
die spätere Zeit ihren Charakter gänzlich
ändert, und daß sie deßhalb vom Be-
ginne des 16. Jahrhunderts an als neue
Zeitepoche neben das Mittelalter tritt.
Für die Gestaltung der neuen Zeit
ist in doppelter Hinsicht wichtig die Er-
oberung Sonst antinopels durch
die Türken (1453), zuerst in sofern,
als mit ihr ein neuer Staat in Europa
auftrat, dessen Verhältnisse nicht ohne
Einfluß auf das europäische Staatsleben
blieben; noch mehr aber aus dem Grunde,
weil eine große Anzahl griechischer Ge-
lehrter sich vor dem Schwerte der Er-
oberer nach Italien flüchteten, wo sie
Freunde, Gönner und Beschützer der
Gelehrsamkeit und einen für alles Große
empfänglichen Sinn antrafen. Jetzt stieg
der Eifer für die Alten zu einer
Begeisterung, welche über die Nachbar»
länder ausströmte und überall Liebe
zu tieferem Studium weckte.
Zugleich war es eine besondere Gunst
des Schicksals, daß wenige Jahre zuvor,
ehe die Flüchtlinge des Ostens die Ueber-
bleibsel einer großartigen Literatur dem
Westen überbrachten, diejenige Kunst er-
funden ward, durch welche allein das
unschützbare Eigenthum der Vergangen-
heit ein Gemeingut werden konnte, die
Buchdruckerkunst (1440). Diesefand
in der Vervielfältigung und Verbreitung
der alten Classiker ihre erste und edelste
Beschäftigung; sie wurde die Dienerin
der allmählich fortschreitenden, allgemein
verbreiteten Intelligenz, die den Haupt-
charakter und das unsterbliche Eigenthum
unserer Jahrhunderte bildet.
Auch die Kunst hatte begonnen, sich
in verändertem Geiste zu verjüngen; die
Malerei war in der byzantinischen Schule
durch griechische Künstler wieder erweckt
worden, nahm bei den italienischen Mei-
stern einen neuen Aufschwung und ge-
wann durch eine niederländische Erfin-
dung, die Oelmalerei, unglanbliche Vor-
züge. Im 15. Jahrhundert war Ita-
lien der allgemeine Sitz der schönen
Künste und feierte schon im nächsten
deren Blüthezeit; von Italien lernten
Frankreich, Deutschland und die Nieder-
lande; und wie es im Alterthum und
Mittelaller in verschiedenen Beziehungen
die Beherrscherin der Menschheit
war, so wurde es in der neuen Zeit
deren Lehrerin.
Zugleich erhielt die ganze Kriegs-
verfassung eine Umgestaltung
durch die allgemeine Anwendung des
Schießpulvers und die Einfüh-
rung stehender Heere. Die Kunde
des Schießpulvers, wovon sich bei den
Chinesen und alten Indern schon frühe
bestimmte Spuren nachweisen lasien,
wurde durch die Mauren nach Spanien
gebracht und war schon um die Mitte
des 13. Jahrhunderts in verschiedenen
Ländern Europa's bekannt, ohne daß
man die Kraft seiner Elasticität erforscht
oder angewandt hätte. Die Erfindung
von Feuerwaffen wird um das Jahr
1380 gesetzt und deutschen Mönchen, be-
sonders Berthold Schwarz, zugeschrieben.
Allein schon zu Anfang des 13. Jahr-
hunderts ward Feuergeschütz von den
Arabern in Spanien gebraucht, kam von
da zunächst nach Flandern und dann
nach Frankreich. Die erste Ausbildung
erhielt das Geschützwesen in Frankreich
durch Ludwig Xl, in Deutschland durch
Kaiser Maximilian I. Den Grund zu
den stehenden Heeren legte Karl Vii.
von Frankreich. Von jetzt an entschied
18*
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
TM Hauptwörter (100): [T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T147: [Jahr Erfindung Buch Gutenberg Buchdruckerkunst Johann Mainz Zeit Buchstabe Jahrhundert], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen]]
Extrahierte Personennamen: Berthold_Schwarz Ludwig_Xl Ludwig Maximilian_I. Karl_Vii Karl
Extrahierte Ortsnamen: Europa Italien Italien Frankreich Deutschland Spanien Spanien Flandern Frankreich Frankreich Deutschland Frankreich
276
m. Geschichtsbilder.
weniger die Tapferkeit des Einzelnen,
als das Geschick ganzer Massen. Die
Taktik wurde neu geschaffen und die
Strategik erhielt eigentlich erst ihr Da-
sein. Die Kriegsführung wurde zur
Wissenschaft erhoben und das Artillerie-
und Jngenieurwesen bildeten sich aus.
Nicht der Zeit, aber der Bedeutung
nach stehen unter den großen Begeben-
heiten, welche den Anfang einer neuen
Zeit begründen, als die ersten und fol-
genreichsten oben an die Entdeckung
Amerika's und die Auffindung des
Seeweges nach Ostindien.
Die Entdeckung Amerika's hat nicht
bloß den Schleier gehoben, der einen
bedeutenden Theil der Erdoberfläche bis-
her den Bewohnern des andern Theils
verdeckt hielt, nicht nur dem Handel und
der Industrie ein unermeßliches Feld
neuer Thätigkeit eröffnet, die Massö der
Metalle vermehrt und die Bedürfnisse
der europäischen Nationen gesteigert, son-
dern auch der wissenschaftlichen Forschung
ein neues, unendliches Gebiet aufge-
schlossen.
Der Scharfsinn des Menschen wuchs
mit der Erweiterung des Feldes, das
seinen Untersuchungen dargeboten wurde:
die seemännische Astronomie, die physische
128. Der Reiö
Am 31. Oktober 1517 hatte Dr.
Martin Luther seine 95 Thesen an die
Thüre der Schloßkirche zu Wittenberg
angeschlagen und dadurch den Anstoß
zu jener tiefen Bewegung der Geister
gegeben, welche in ihrem weiteren Ver-
laufe zur Glaubenstrennung führte; 41
dieser Sätze waren vom päpstlichen Stuhle
als Irrthümer erklärt und Luther zum
Widerrufe aufgefordert worden. Dieser
aber verbrannte die Bulle und mit ihr
das Gesetzbuch des kanonischen Rechts,
durch welche Handlung der Bruch mit
der römischen Kirche offen erklärt war.
Der Zwiespalt der Gemüther trat mit
jedem Tage schärfer hervor, und bittere
Leidenschaftlichkeit führte das Wort. Unter
solchen Umständen berief Kaiser Karl V.
den Reichstag nach Worms, zunächst zur
Bewilligung der Reichshülfe für den be-
Geographie im weitesten Sinne, die be-
schreibende Naturgeschichte haben ihre
Gestalt seitdem gänzlich geändert. Die
wichtigsten Folgen hatten beide Begeben-
heiten für den Verkehr, der nun aus
einem Landhandel in einen Seehandel
umgewandelt wurde. Die alten Han-
delswege wurden verlassen und neue
aufgesucht; statt des Mittelmeeres ward
jetzt der atlantische Ocean der Schau-
platz des Welthandels und die an ihm
liegenden Staaten stiegen in dem Maße
an Macht, in welchem die am Mittel-
meere sanken. Vor Allem mußte Italien
die Herrschaft zur See an die pyrenäische
Halbinsel abtreten, von der sie später
an Holland und England überging.
Wie Italien mußte auch Deutsch-
land von der Höhe seiner Machtstellung
abtreten. Das Kaiserthum hatte seine
frühere Weltbedeutung verloren und in
den kirchlichen Kämpfen der folgenden
Zeit sank es bis zur völligen Macht-
losigkeit herab. Während im Mittel-
alter das deutsche Reich im Vordergrund
der Geschichte stand, tritt es in der
Neuzeit zurück vor den stets mächtiger
aufstrebenden See- und Handelsstaaten
des Westens.
lag zu Worms.
abstchtigten Römerzug, zugleich aber auch
zum Austrag der kirchlichen Streitig-
keiten. Wenn gleich der päpstliche Ge-
sandte es mißbilligte, daß eine bereits
vom Oberhaupte der Kirche entschiedene
Streitfrage noch einmal weltlichen Rich-
tern vorgelegt werden sollte, so blieb es
doch bei der Bestimmung des Kaisers.
Vom Kaiser und mehreren Fürsten
mit sicherem Geleit versehen, brach Luther
nach Worms auf und ward Tags nach
seiner Ankunft vom Reichsmarschall Ulrich
von Pappenheim vor die Reichsversamm-
lung gefordert, am 17. April 1521.
In der Versammlung saßen außer dem
Kaiser und seinem Bruder, dem Könige
Ferdinand, 6 Kurfürsten, 28 Herzöge,
30 Prälaten, viele Fürsten, Grafen,
überhaupt 200 Personen.
Das Wort gegen Luther führte der
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
TM Hauptwörter (100): [T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T80: [Kaiser Stadt Fürst Recht Reich König Reichstag Macht Adel Fürsten], T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt]]
Extrahierte Personennamen: Martin_Luther Karl_V. Karl_V. Ulrich
von_Pappenheim Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Ostindien Wittenberg Worms Italien Holland England Italien Worms Worms
320
Iii. Geschichtsbilder.
Hierauf wurden auch mit Baden,
Württemberg, Bayern und Hes-
sendarmstadt Friedensverträge abge-
schlossen, nach welchen diese Staaten
den Bestimmungen des Nikolsburger
Friedens bezüglich der Neugestaltung der
Verhältnisse in Deutschland anerkennen,
zugleich auch Schutz- und Trutzbündnisse
mit Preußen abschließen und darin sich
verpflichten mußten, für den Fall eines
Krieges ihre Truppen unter den Ober-
befehl des Königs von Preußen zu stellen.
Somit hat der deutsche Bund zu
bestehen aufgehört. Das ehemalige
deutsche Reich ist politisch in drei Grup-
pen gespalten: in den norddeutschen
147. Gott in
In der That, es entdeckt ein irgend
aufmerksamer Blick den Gott in der
Geschichte noch leichter und unverkenn-
barer, als in der Natur. Wenn aus
allem, was die Menschen wollen und
dem sie mit allen Mitteln, über die sie
gebieten, entgegenstreben, nichts wird;
was sie nicht wollen aber sich erfüllt,
und es nun hinterher sich klar darstellt, daß
das, was sie gewollt, unvernünftig ge-
wesen ; was aber geworden, sich als das
Rechte erwiesen: dann ist es der Gott
in der Geschichte gewesen, der dieses so
geleitet hat. Wenn es Mittwinternacht
ist auf Erden und alle Pulse der Ge-
schichte stocken, und alles Leben in ihr
versiegen will, und nun mit einem mal
ein Frühlingshauch sie überweht und
die verlechzten Brunnen plötzlich über-
fließen wollen und eine unbegreifliche
Macht die Geister bindet, und sie hin-
führt oder hinstürmt, wo sie nicht hin
wollen: dann ist es der Gott in der
Geschichte, der es durch sie wehen und
darauf grünen und blühen läßt. Wenn
die Menschen nach der Titanen Art, Trotz
auf Trotz, Masse auf Masse, Gewalt
auf Gewalt anwälzend sich ein Riesen-
bild gebaut, es anzubeten, und nun
ein Sonnenstäubchen unvermerkt heran-
Bund, in die südwestdeutsche Staaten-
grnppe und in die deutsch-österreichischen
Landestheile.
Bei solcher Lage der Dinge mag
uns, die wir nicht ohne bange Besorg-
niß in die Zukunft schauen, die Hoff-
nung trösten, daß Gott, der ja stets
das Schlimme zum Guten zu lenken
weiß, auch unserem großen gemeinsamen
Vaterlande noch jenen Tag wird erscheinen
lassen, da alle deutschen Stämme in ge-
genseitiger Achtung ihres eigenthüm-
lichen Wesens und ihrer, wie ihrer Herr-
scher Rechte sich einträchtig die Hand
zum friedlich geeinten Bunde reichen
werden!
der Geschichte.,
schwebt, und im Schweden langsam
wachsend, hineinwächst in die Sichtbar-
keit, und wachsend und immer wachsend
Masse gewinnt und zum Steine wird,
und der Stein zum Felsen, der, an die
thönernen Füße des Kolosses anprallend,
ihn in Staub zermalmt: dann ist es der
Gott der Geschichte gewesen, der kein
Wohlgefallen an dem Götzenbilde ge-
funden und der verschwindenden Größen
sich bedient, um die sich blähende Klein-
heit zu zerstieben. Vor allem, wenn er
als Richter herniederkommt, um mit
Langmuth getragenem Frevel ein Ziel
zu setzen; wenn das Schwert der Boten
seines Zorns Hunderttausende wegmäht
wie Gras auf dem Anger, daß sie, die
noch einen Augenblick zuvor auf ihre
Zahl und Macht und Unüberwindlich-
keit gepocht, jetzt an der Erde liegen
und zu Heu erdörren: dann entsteht
wohl eine augenblickliche Stille unter
den Völkern, und das sonstige Getöse
der Geschichte schweigt eine kleine Zeit;
denn jene höhere Geschichte, die Gott aus
der Stille seiner Unsichtbarkeit heraus-
wirkt ist, jetzt ganz nahe an die Horchen-
den herangetreten, und die Geisternähe
erfüllt sie mit Schrecken und unwillkür-
licher Ehrfurcht.
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T67: [Preußen Bund Staat König Regierung Deutschland Verfassung Frankfurt Reichstag Bundestag], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
Extrahierte Ortsnamen: Württemberg Bayern Deutschland Schweden
122
Ii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
daß sie nicht noch eine größere Aus-
dehnung genommen, nicht mehr Menschen-
leben gekostet hat; denn außer zweihun-
dert Centner Pulver und einer Million
Zündhütchen enthielt der Thurm noch
700 Granaten und 240 Zündkugeln.
Wären letztere nicht auf dem Boden des
Thurmes gelegen und in sich verbrannt,
sie hätten die Stadt an fünfzig Stellen
zugleich in Brand stecken und so deren
gänzlichen Untergang herbeiführen können.
Auf welche Weise ist dieses schreck-
liche Unglück entstanden? wird der junge
Leser schon längst zu fragen versucht ge-
wesen sein. Ganz ist dies nicht aufge-
hellt; aber mit aller Wahrscheinlichkeit
darf angenommen werden, daß es ein
Werk leidenschaftlicher Rache und Bos-
heit war. Der österreichische Artillerie-
Unterofficier Wimmer hatte sich auf
unrechtmäßige Weise die Schlüssel zum
Thurme zu verschaffen gewußt, und sein
Eintritt in denselben ist von der Schild-
wache gesehen worden. Der nähere Vor-
gang selbst bleibt in ewiges Dunkel ge-
hüllt, weil Wimmer mit unter den
Todesopfern sich befand. Man nimmt
an, er habe aus Rache einem oder dem
andern der österreichischen Officiere, die
dem Turnfeste anwohnen würden, Ver-
derben bereiten wollen. Wenn, — dann
ward durch Abbestellung des Festes der
höllische Plan vereitelt, Wimmer aber
selbst ein Opfer seiner Bosheit.
56. Schwaben.
Das Land der Schwaben ist Deutsch-
land im Kleinen, wo auf engem Raum
alle Manchfaltigkeit des deutschen Daseins
sich versammelt. Alle verschiedenen eigen-
thümlichen Naturformen treffen hier zu-
sammen. Die beiden mächtigsten Ströme
Deutschlands, ja Europa's, durchfließen
das Land, zwar nur in ihrem Oberlaufe,
aber doch schon in männlicher Fülle.
Schwaben bewohnen die höchsten Alpen-
gauen, das Rheinthal wie die Hochebenen
der Donau, das hohe Waldgebirge des
Schwarzwaldes wie die öden Rücken und
anmuthigen Thäler der Alp. Das Land
zwischen Lech und Schwarzwald, besonders
bis zur Iller, gleicht durch Klima und
Oberfläche dem norddeutschen Küstenlande.
Vielfach gestaltet und zerstückelt, wie
der Boden, ist auch das bürgerliche Leben
des schwäbischen Landes, das auch hierin
ein Bild Deutschlands ist. Die großen
durch Naturgrenzen bezeichneten Land-
schaften des schwäbischen Bodens tragen
heute das Loos, welches ihre geographische
Lage ihnen angewiesen hat. Das Elsaß
ist an Frankreich gefallen, das gegenüber
liegende rechte Rheinufer an Baden,
Unterschwaben (zwischen Iller und Lech)
an Bayern. Nur das Land am Neckar
und seinen Zuflüssen hatte sich schon
früh unter dem Schutz eines einheimischen
Herrscherhauses gesammelt, das sich durch
Tapferkeit, Besonnenheit, guten Haushalt
aus kleinen Anfängen allmählich erhob.
Seit der neuen Gestaltung der deutschen
Sachen gehorcht ihm auch das alte
Ober-Schwaben bis an die Iller. Sein
Gebiet trägt den Namen des Stamm-
schlosses, Württemberg.
In der Lage und Versplitterung des
Bodens spiegeln sich die Schicksale seines
Volkes. Auf den zahlreichen Ritterburgen
des Schwabenlandes, wo die hohen Grenz-
gebirge des Südens und Westens, Ita-
liens und Frankreichs vor dem Blick
ausgebreitet sind, der Gedanke hinüber-
schweift und dem Lauf des Rheins,
der Donau, der Rhone nach Mitternacht,
Morgen und Mittag folgt, wo deutsche
Dichtung zuerst liebevolle Aufnahme und
bleibende Stätte fand: da blühte eine kühne
Ritterschaft voller Kampflust und leben-
diger Einbildungskraft. Fast alle mäch-
tigsten Fürstengeschlechter Deutschlands
haben ihre Stammsitze auf schwäbischem
Boden. Von da aus zogen die Hohen-
staufen über die Alpen und fanden
Ruhm und Untergang im italienischen
Lande, von wo her sie Kunst, Poesie,
Wissenschaft dem deutschen Vaterlande
zugebracht hatten. Hier auch sind die
Wurzeln jenes zweiten Heldengeschlechtes,
welches wagen konnte, den mächtigen
Hohenstaufen die Herrschaft streitig zu
machen und welches gebot vom Mittel-
meere bis zur Nordsee: das Geschlecht
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T70: [Boden Teil Land Wald Gebirge Ebene Gebiet See Klima Tiefland]]
TM Hauptwörter (200): [T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
49. Deutsches Land, deutsches Volk und deutsche Sprache.
105
Eben so zeichnet sich der Deutsche
durch seine innige Heimatliebe aus.
Heimweh ist nicht nur ein ächt deutsches
Wort, sondern es bezeichnet auch ein
ächt deutsches Gefühl. Von Niemand
auch ist diese Heimatliebe in so warmen
Worten geschildert, in so ergreifenden
Weisen besungen worden, als von deut-
schen Dichtern und Sängern von der
ältesten Zeit bis auf den heutigen Tag.
Schmerzlich ist deni Deutschen der Abschied
vom Vaterhaus, von seinen Lieben und
Theuern, und durch hunderte von Liedern
klingt das Wort: Scheiden thut weh!
Und doch gibt es, merkwürdig genug,
auf der weiten Erde kein wanderlustigeres
Volk, als gerade das deutsche. In Deutsch-
land finden wir die fahrenden Schüler
schon im Mittelalter, und heute noch
wandern die Studenten mit dem Ränzel
an der Seite heiter durch Feld und
Wald. Nur in Deutschland war das
Wandern der Handwerksburschen allge-
mein üblich, und in alter Zeit trieb
die Wanderlust selbst die Lanzknechte
unruhig von einem Orte zum andern.
Kein Kind eines anderen Volks gedeiht
aber auch so leicht auf fremdem Boden.
Der Deutsche ist vorzugsweise geschickt
zur Colonisation, und wo er sich ange-
siedelt, da verwandelten sich öde Gegen-
den in blühende Gefilde.
Es ist überhaupt eine glückliche An-
lage des Deutschen, sich leicht in fremde
Art einzuleben, fremdes Wesen zu be-
greifen und sich anzueignen. Das deutsche
Volk scheint berufen, der Vermittler aller
Völker auf geistigem Gebiete zu sein;
denn mit der Fähigkeit, Fremdes mit
Einheimischem zu verschmelzen, steht auch
die in Verbindung, geistig anregend und
mittheilend auf andere Völker zu wirken.
Aber diese Eigenthümlichkeit des Na-
turells hat auch ihre Schattenseite.
Nur zu leicht unterschätzt der Deutsche
das Einheimische, welches „nicht weit
her" ist, und das Sprichwort „der
Prophet gilt nichts in seinem Vater-
lande" findet nirgends so vielfach Be-
stätigung, als gerade in Deutschland.
Dagegen gefällt sich der Deutsche häufig
in blinder Verehrung und thörichter
Nachäffung des Fremdländischen, und
in der Fremde gibt er nur zu leicht
sein heimatliches Wesen auf und ver-
gißt schnell sein ehemaliges Vaterland.
Auch vermißt man am Deutschen jenes
stark ausgeprägte Nationalgefühl, welches
z. B. den Franzosen und Engländer
beseelt. Nirgends sonst auch sind deß-
halb die Glieder eines Volkes so oft
gegen einander in Waffen gestanden,
als in Deutschland.
Wenn uns die lebendigeren Franzo-
sen und Italiener auch Langsamkeit und
Unbehülflichkeit zum Vorwurfe machen,
so brauchen wir uns deßhalb nicht be-
leidigt zu fühlen, denn diese Langsam-
keit ist meist nur Folge einer lobens-
I werthen Gründlichkeit und Bedächtigkeit,
welche erst überlegt, und dann handelt.
Im Fleiße können sich weder Franzosen
noch Italiener mit dem Deutschen messen.
Scherzweise pflegen uns auch unsere Nach-
barn das „Volk der Denker — und Träu-
mer" zu nennen, welches über den: Sin-
nen und Grübeln das praktische Thun
versäume. Auch damit ist es nicht so
schlimm bestellt. Das Volk der Denker
kann sich das deutsche rnit Recht und
in allem Ernste nennen; denn die Wissen-
schaften haben bei uns eine Pflege ge-
funden, wie kaum in einem anderen
Lande; und namentlich darin steht Deutsch-
land einzig da, daß geistige Bildung
nicht bloß ein Vorrecht einzelner Stände,
sondern ein Gemeingut des ganzen Volkes
ist. Selbst das stolze, freie England
steht hierin weit gegen Deutschland zu-
rück. Deutschland zählt allein gegen
62000 organisirte Volksschulen! Und
das „Träumen", insoferne damit unser
Versenken in die Tiefe der Kunst, be-
sonders in Musik und Dichtkunst, gemeint
ist, wollen wir uns auch gerne vorhal-
ten lassen. Gerade in Musik und Dicht-
kunst hat der deutsche Geist seine köst-
lichsten Blüthen getrieben. Mit Stolz
darf das deutsche Volk auf die edlen
Werke seiner großen Dichter, mit Stolz
auf die Meisterschöpfungen seiner Ton-
künstler blicken. Wie geistige Bildung,
so wurzeln auch Musik und Dichtkunst
tief im Volke selbst und veredeln und
verschönern dessen Dasein. Ueberall in
Deutschland, — die nördlichen Küsten-
striche ausgenommen —, namentlich aber
im gebirgigen Süden, lebt die Sanges-
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Deutschland Franzo- England Deutschland Deutschland Deutschland
104. Ludwig das Kind.
225
Vertrag zu Verdun vom 11. August 843
zu Stande, dem zufolge das Karolinger-
reich in drei Reiche getheilt wurde.
Ludwig erhielt den östlichen Theil,
die deutschen Länder rechts des Rheins,
Karl der Kahle den westlichen, die
französischen Gebiete, Lothar aber, dem
die Kaiserwürde verblieb, Italien und
das Gebiet zwischen den Ländern Lud-
wigs und Karls bis an die Nordsee
hinab. So wurde die große Monarchie
Karls aufgelöst, und die Scheidung
in ein deutsches und französisches Reich
vorbereitet. Noch war ein großer Theil
deutschen Gebietes dem Reiche Lothars
zugetheilt; doch das meiste davon fiel
nach dem baldigen Aussterben seiner
Linie wieder an's deutsche Reich zurück,
leider nicht für dauernden Verband, da
in der Folge der Zeit ein Stück nach
dem andern vom deutschen Reichskörper
abgerissen und mit dem französischen
Reiche vereinigt wurde. Vom lotharin-
gischen Reiche gehört nur noch der Land-
strich links des Rheins von Landau bis
Aachen zu Deutschland. Denbeginn eines
eigenen deutschen sowie französi-
schen Reiches kann man mithin vom
Jahre 843, vom Vertrage von Verdun
an datiren, wenn gleich beider Reiche,
namentlich des deutschen, Ursprung auf die
Monarchie Karls des Großen zurückweiset.
104. Ludwig das Kind.
Ludwig, Arnulfs Sohn, war sechs
Jahre alt, als ihn die Großen des
Reichs zu Forchheim zum deutschen
Könige wählten. Schon zwei Jahre
zuvor, als Arnulf noch lebte, hatten
sie ihn, als das Kind eines Helden,
zum Nachfolger bezeichnet. Der frühe,
unerwartete Tod des trefflichen Vaters
ließ nun statt eines Helden und Mannes
ein Kind zurück. Da erwachte trotz
der früheren Wahl die Sorge, ob in den
damaligen Fährlichkeiten der Schirm des
Reichs in eines Kindes Hand gelegt
werden dürfe, und die Sache wurde
zum zweiten male berathen. Hatto,
Erzbischof von Mainz, und Otto, Herzog
von Sachsen, waren Arnulfs Freunde
und Geheimräthe gewesen. Sie sprachen
auf das wärmste für des hingegangenen
Kaisers unmündigen Erben und setzten
es durch, daß es bei der Wahl blieb.
Sie aber traten in seinem Namen die
Regierung des Reiches an.
Die Regierung des Königskindes
Ludwig fiel in eine Zeit des Unheils
und des Jammers. Der erste Sturm
kam von den Magyaren. Die Kunde
von dem Tode des heldenmüthigen
Kaisers war ihnen das Signal, in die
deutschen Lande einzubrechen. Als un-
heimliche, koboldartige Gestalten mit
kahlgeschorenen Schädeln, gelber Gesichts-
farbe und tiefliegenden, kleinen, funkeln-
den Augen malte sie das Gerücht und
Marschall, Lesebuch.
der Schrecken. In Wahrheit waren sie
ein freies kriegerisches Volk, männlich
stark, gewohnt jede Mühsal, Hitze und
Kälte gleich zu ertragen, Pracht und
Ueberfluß gering achtend und gleich-
müthig gegen den Mangel des Nöthig-
sten; stolz, aufbrausend und ehrliebend,
aufgeweckt und verschlossen, von kräf-
tigem Körperwuchs, festem, nervigem
Gliederbau, von mehr süd- als nord-
asiatischer Gesichtsbildung. Sie kämpften
meist zu Pferd, ihr Angriff und ihre
Flucht waren blitzschnell; ihr Pfeilschuß
von hörnenem Bogen aus fehlte selten.
Sonst gehörte noch Lanze und Schwert
zu ihrer Bewaffnung, und Eisen- und
Filzharnische schützten sie gegen Hieb
und Stich.
Arpad war zu der Zeit ihr oberster
Herzog. Er sandte, sobald Arnulfs
Tod bekannt wurde, Gesandte nach
Regensburg, wo nach dem Vorgänge
seines Vaters meist der unmündige Lud-
wig Hof hielt; ein Friedens- und
Freundschaftsantrag sollte ihnen den
Vorwand geben, das Innere des Landes
auszukundschaften. Kaum waren diese
zu den Ihren zurückgekommen, so be-
stieg ein Theil des magyarischen Volkes
die Rosse, ein anderer folgte zu Fuß.
Sie überschritten die Enns, Plünderung
und Verwüstung begleiteten ihre Schritte.
Die christlichen Kirchen und Klöster,
die außerhalb der Städte standen, ver-
15
TM Hauptwörter (50): [T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust]]
TM Hauptwörter (100): [T83: [Karl Heinrich König Otto Sohn Reich Kaiser Sachsen Ludwig Herzog], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T118: [Karl Ludwig Reich Sohn Lothar König Lothringen Frankreich Herzog Tod], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig August Ludwig Ludwig Karl_der_Kahle Karl Lothar Karls Karls Karls Ludwig Ludwig Ludwig Hatto Otto Ludwig Ludwig Arpad
Extrahierte Ortsnamen: Karolinger- Rheins Italien Karls Nordsee Karls Rheins Landau Aachen Deutschland Forchheim Mainz Sachsen Regensburg